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015.3 Enthüllungen (Teil 3)

  Allein auf einer Bank sa? nun derjenige, den sie den Erkorenen nannten. In seiner Hand hielt er das Amulett, das er um den Hals h?ngen hatte, und betrachtete es mit akribischem Blick. Rot schimmernd war es und mit ?M.R.“ auf der Fassung eingraviert. Er drehte es von allen Seiten, konnte aber sonst nichts Weiteres erkennen. Ohnehin hatte er das Objekt schon eine Million Mal ?inspiziert“. Nur den seltsamen Schein, der aus dem Inneren des Steines zu kommen schien, obwohl er nicht leuchtete, hatte er sich nie erkl?ren k?nnen. War es der Stein selbst gewesen, der ihm gestern gesagt hatte, ihn zu zerst?ren? Hatte er vielleicht seinen eigenen Willen? Oder war es eher so, dass Wenzel langsam anfing den Verstand zu verlieren. Hoffentlich nicht das! Die weiten Hallen entlang hallten die Schritte eines Soldaten. Dieser blieb vor dem Jungen stehen und sprach:

  ?Mein Herr, wir haben etwas in den Untergescho?en des Palastes gefunden, das ziemlich ungew?hnlich ist. Wir sind uns sicher, dass Ihr wisst, was es damit auf sich haben k?nnte.“ – ?Im Keller?“, ?u?erte Wenzel und stand auf. ?In Ordnung, zeig mir was ihr gefunden habt.“ Er ging dem Mann nach. Was k?nnten sie denn unter dem Palast gefunden haben, das sie derma?en beunruhigte, dass sie ihn dafür zu rate zogen? Etwas Magisches? Wenzel war doch auch nicht gerade sonderlich belehrt über Magie. Vielmehr improvisierte er das Ganze und hatte alles, was er darüber wusste und beherrschte, durch simplen Versuch und Irrtum gelernt. Er wurde nun in den rechten Trakt des Geb?udes geführt, durch ein paar R?ume, um ein paar Ecke und schlie?lich eine kleine, sehr schmale Stiege hinunter, die ziemlich dunkel war. Zuerst schaute er einfach hinunter in die Finsternis, die ihm fast schon den Eindruck gab, in den Rachen einer Bestie hinunterzusteigen. Dann aber machte er sich auf. Es war ein weiter Abstieg.

  Unten angekommen, sah er, dass die M?nner zumindest ein paar Kerzen angezündet hatten, damit man nicht ganz blind umherirren musste. Die B?den, W?nde und Decken bestanden alle aus dunklen Pflastersteinen, welche feucht und glitschig waren. ?Hier entlang!“, deutete ihm der Soldat und geleitete ihn durch die engen G?nge. Sie rundeten viele Ecken, sodass der Bursche den Eindruck bekam, sich in einem Labyrinth zu befinden. Schlie?lich kamen sie aber bei einer uralten, h?lzernen Türe an, welche schon im Prozess des Vermoderns war. Der Mann ?ffnete sie ihm und Wenzel trat in einen unerwartet gro?en Raum ein. Was sich ihm hier nun pr?sentierte, konnte er anfangs überhaupt nicht einordnen. Der Raum hatte ein Kellergew?lbe. Auf der linken und rechten Seite standen ein paar kleine Tische und Regale und auf der hinteren Seite standen einige kleine, aus Stein gemei?elte Podeste. An den W?nden selbst waren au?ergew?nliche, uralt aussehende Abbidlungen. Vor ihm, in der Mitte des Raumes war ein riesiger, durchsichtiger Kristall, welcher nun seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Dieser hatte einen türkisen Schimmer und strahlte eine warme, omin?se Aura ab. Im Inneren des Steines war eine Dame zu sehen. Sie hatte langes, wallendes, rotes Haar. Beim Anblick dessen begannen in Wenzels Kopf die Alarmglocken zu schrillen!

  Er ging n?her hin, um sich ein genaueres Bild zu machen. Dabei schaute er der Frau auch genau ins Gesicht. Er hatte keine Zweifel. Dies war mit Sicherheit Elisabeth, jene Heilige Elisabeth, welche angeblich gestorben war! Der Bursche erkannte sie anhand der Ikonen, die er bereits von ihr gesehen hatte. ?Was macht sie hier? Warum ist sie nicht begraben? Was ist dieser Kristall?“, waren alles Fragen, die dem Zauberer nun besch?ftigten. Er ging um das Ding herum und betrachtete es von der Rückseite. Die eigenartige W?rme, die es abzugeben schien, irritierte ihn. Er wollte wissen, was es mit diesem Kristall auf sich hatte, und berührte ihn. Als er das tat, konnte er auch die sanfte W?rme auf seinen Fingern spüren. Was er aber dann als n?chstes spürte, war etwas anderes. Irgendeine Art von Kraft durchfloss den Stein. Er wollte sie genauer ausmachen und legte beide seiner Handfl?chen auf die Oberfl?che. Aber anstatt etwas im Stein zu erfühlen, spürte er wie Energie aus ihm selbst hinausfloss. ?Was?“ Urpl?tzlich begann das gesamte Objekt hell zu leuchten. Der Soldat, der ihn hierher geführt hatte, bekam Angst und wich einige Schritte zur Tür zurück. Wenzel blieb stehen und wurde hautnaher Zeuge dessen, wie der Kristall begann wegzuschmelzen, bis letztlich nichts mehr davon übrigblieb.

  Der K?rper der Dame sank auf den Boden. Der Bursche eilte sogleich zu ihr hin und stützte sie mit seinen H?nden ab. Als diese ihren ersten Atemzug tat, schreckte er kurz auf. Sie war am Leben! Die Frau ?ffnete ihre Augen und der junge Mann blickte direkt in diese hinein. Darin glitzerten die Sterne des Nachthimmels, welche seinen Blick gebannt an sich zogen. Der Bann wurde aber sogleich gebrochen, als die Dame furchtbar zu husten und r?cheln begann. Der Bursche konnte nur besorgt bei ihr sitzen, als er sah, wie sie Blut heraufhustete. Nachdem sie sich irgendwie wieder fassen konnte, sprach sie Wenzel nicht mit Worten, sondern über Telepathie an: ?Wer bist du?“ Sie hielt ihm ihre Hand mit drei ausgestreckten Fingern entgegen, anscheinend um etwas zu ergründen. ?Ein Empork?mmling, nicht wahr?“, stellte sie dann trocken fest. Sie schob Wenzel beiseite und versuchte aufzustehen, st?hnte aber vor Schmerzen und lie? es dann lieber sein. Sie wandte sich wieder dem Burschen zu: ?Hat er denn kein Heilungsritual vorbereitet? Weswegen nicht? Will er, dass Wir sterben?“ Sie klang voll Furcht und Verzweiflung. Der junge Mann hatte keine Ahnung, wie er reagieren sollte. ?Was für ein Heilungsritual?“ Er wusste noch gar nichts von Magie, geschweige denn von so etwas.

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  Dann kam sie zu ihrer Schlussfolgerung: ?Jetzt ist es schon zu sp?t. Die Zeit reichet nicht, um Genanntes aufzusetzen und durchzuführen. Der Jüngling, wei? gar nicht wovon Wir sprechen, nicht wahr?“ Wenzel nickte ihr best?tigend zu. ??hm, …sollte ich vielleicht Hilfe holen, mein Herr?“, fragte nun der Soldat. ?Ja! Hol gleich einen Arzt. Schnell!“, antwortete ihm der momentan viel zu geistesabwesende Magier. Er widmete sich wieder Elisabeth. Diese betrachtete nun ihr Gegenüber von oben bis unten genau. Schlie?lich ?u?erte sie: ?Hah….. zerst?re er nicht das Erbe Unseres gro?en Vorfahren. Lasse er sich lieber davon leiten, so wie Wir es auch getan haben.“ – ?Was? Ich verstehe nicht.“ – ?Unsere Zeit ist abgelaufen. Wir sind vergiftet worden und waren in dem Kristall, um m?glicherweise überleben zu k?nnen. Scheinbar vergebene Müh‘!“ Der bekümmerte Junge entgegnete: ?Nein, gebt noch nicht auf! Ich habe schon um Hilfe gerufen!“ – ?Ein leichtes L?cheln kam ihr über die Lippen und sie erwiderte: ?Nein. Dies h?tte nur Magie heilen k?nnen. Wir sehen, dass er schon mit Melgar geht. Es ist nun seine Aufgabe, auch wenn er blo? ein Empork?mmling ist, die Ketzer von der Macht im Reiche fernzuhalten. Tu er dies, zu meinem Ged?chtnis!“

  Sie trug eine bleiche, besorgniserregende Miene. Wenzel hielt ihre Hand, bis endlich Hilfe kam und blieb auch bei ihr. Doch es war, wie sie es gesagt hatte. Weniger als eine Stunde sp?ter erkl?rte sie der Arzt für tot. Er meinte, dass es kein Gift war, von dem er jemals geh?rt hatte. Bald darauf begannen immer mehr M?rtyrer herunter zu dr?ngen, um sich die Frau anzusehen. Die allermeisten erkannten sie als diejenige, die sie war. Die letzte Melgarionenkaiserin war erst heute dahingeschieden! Derjenige, den die Altgl?ubigen als ihren Nachfolger anerkannten, hatte sie rein versehentlich aus ihrem Kristall befreit und damit dem Tode preisgegeben. Dies war nicht zu verhindern gewesen, doch entfachte es dennoch die Begierde in Wenzel, zu erfahren wie Magie tats?chlich funktionierte und was alles damit m?glich war. Die Kaiserin hatte offenbar wesentlich mehr darüber gewusst als er. Die Stadtbibliothek würde demn?chst einen Besuch von ihm abgestattet bekommen.

  Als August die Nachrichten erfuhr, gab er die Anordnung ihre Hoheit einstweilen an einem geheimen Ort aufzubahren. Alle wichtigen Entscheidungstr?ger setzten sich zusammen und entschieden einstimmig, dass Elisabeth erst nach dem Sieg der Revolution ?ffentlich zu Grabe getragen werden würde. Doch schon beim Transport ihrer sterblichen überreste durch die Hallen des Kaiserpalastes str?mten unz?hlige ihrer K?mpfer her. Entgegen den Befehlen liefen sie herbei, schrien und weinten. ?Preiset die M?rtyrer!“, hallte es laut durch den Palast, immer und immer wieder. Ja, auch sie war den M?rtyrertod gestorben, so wie viele Freunde und Geliebte, die die Revolution?re bisher schon im Kampf der letzten Jahre verloren hatten. Es war ein surreales Bild, das sich Wenzel hier bot. Der überschwang der Gefühle lie? auch ihn nicht unberührt. Auch ihm begannen ein paar Tr?nen von den Wangen zu laufen, als all die starken Emotionen der Horde an M?nnern hier sah. Bald schon aber war sie hinfort geschafft und es kehrte wieder relative Ruhe und Ordnung ein.

  Am n?chsten Tag begab sich der Bursche nochmals in das Gew?lbe in den Palastkatakomben hinunter. Er nahm sich die Zeit, um die überaus seltsamen Abbildungen an dessen W?nden zu begutachten. Generell wirkte dies R?umlichkeit absolut uralt. Vermutlich stammte die Struktur noch aus einer ganz anderen ?ra oder war ein antiker Tempel, wer wusste das schon so genau. Die Abbildung im Zentrum der hinteren Wand war besonders hervorstechend. Ihr Relief bildete eine gro?e Figur mit Krone ab, also vermutlich den K?nig. Umgeben war er von fünf Kugeln mit stilisierten Blütenabbildungen und darunter war eine Inschrift in einer ihm unbekannten Schrift zu sehen. Es handelte sich vermutlich um die Schrift, die vor der Ankunft des Teleiotismus in Ordanien gebr?uchlich war, die sogenannte ?Arthark“. Ob es jemanden gab, der diese noch lesen konnte? Vielleicht…..

  Er informierte die Soldaten, dass sie künftig diesen Raum verriegeln sollten und absolut niemand ihn ohne seine Erlaubnis betreten sollte. Der heutige Tag hatte so einige Enthüllungen mit sich gebracht. Keine davon brachte den Magier irgendwie voran bei dem was er wollte. Bevor er Elisabeth irgendetwas fragen konnte, was ihm in Bezug auf Magie, das Land oder ihn selbst helfen h?tte k?nnnen, war sie auch schon wieder tot. Was hielt die Zukunft bereit? Er wusste es nicht. Von den wilden Ereignissen mitgerissen war selbst Wenzel mehr ein Passagier mit auf der Reise, als dass er der Lenker des Gef?hrts war.

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